Mit kreativen Vorschlägen im Gepäck nach Sibiu
Die Schweizer Delegierten sind am Dienstag zur Dritten Europäischen
Versammlung in Rumänien abgereist. Im Gepäck der Delegierten der
Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK) befinden sich
kreative Vorschläge zu den Themen Einheit, Spiritualität, Zeugnis,
Migration, Europa, Religionen, Schöpfung sowie Gerechtigkeit und Frieden.
Die zu Papier gebrachten Vorschläge und Standpunkte wurden in der Schweiz an
mehreren Treffen der Delegation erarbeitet, zuletzt am 18. August in Olten.
Die Texte sind zwar als Beiträge zum Austausch in Sibiu gedacht, stellen
aber gleichzeitig auch eine Grundlage für die Diskussion über Schwerpunkte
der Ökumene in der Schweiz dar.
Europa und die Einheit der Kirchen
Europa ist mehr als die EU, betonen die Delegierten. Heute stelle sich dabei
die Frage nach seiner christlichen Identität gerade in einer Zeit, in
der alle Kirchen Minoritäten, aber auch ein integrativer Bestandteil der
europäischen Kultur sind. In den Fragen nach der europäischen Identität
besteht Klärungsbedarf, hier sollen und müssen sich die Kirchen beteiligen.
Das Thema Einheit der Kirchen wird in Sibiu unter den Stichpunkten
Übereinkünfte, Taufe und Einheitskonzepte diskutiert. Die Delegierten
stellen fest, dass die bestehenden Übereinkünfte der europäischen Kirchen
...im schweizerischen Kontext weitgehend unbekannt sind. Sie fordern darum
einen vermehrten Wissenstransfer auf allen Ebenen (Gemeinden, Seelsorgern
etc.), etwa über die Charta oecumenica.
Bei der Tauf-Anerkennung sind die Schweizer Kirchen Pioniere hier wird an
eine Ausweitung gedacht, etwa auf der Ebene der AGCK. In den Fragen der
Einheit verweist die Gruppe auf eine breite pragmatische Erfahrung in der
Schweiz und auf die orthodoxen Kirchen, die konfessionellen Newcomer. Hier
soll die Zusammenarbeit vertieft werden.
Spiritualität und Zeugnis
Die Gruppe Spiritualität setzt sich für einen gemeinsamen Ostertermin aller
Konfessionen ein. Sie schlägt mit Blick auf die spirituelle Tradition der
orthodoxen Kirche im Bezug auf ihren Kalender deren Datum vor. Wenn alle
Christen dieses Fest am selben Datum feiern, ist dies ein sichbares Zeichen
der Suche nach Einheit, und dies in unseren Gemeinden wie auch gegenüber der
Welt. «
Die Delegierten nehmen eine entsprechende Erklärung in Deutsch, Französisch
und Englisch nach Sibiu mit, die sie im formellen wie informellen Rahmen
abgeben werden.
Die Gruppe Zeugnis setzt besonders auf die Kraft der biblischen Boschaft und
schlägt gemeinsames Bibelteilen in pfarreilichen Kleingruppen und
ökumenischen Hauskreisen wie auch zu Beginn von Sitzungen kirchlicher
Gremien vor. Auch soll der Religionsunterricht an Schulen für die Einführung
in die Bibel und die Weitergabe biblischer Geschichten genutzt und die
Initiative des Europarates zur Verankerung der christlichen Religionskunde
in der Schule unterstützen werden.
Migration und Religionen
In Fragen der Migration wird auf die Spannungen zwischen den
Kirchenleitungen, die sich meist klar auf die Seite der Fremden stellen,
und der teils xenophobischen Kirchenbasis hingewiesen. Hier wird das
gemeinsame politische Handeln aller Konfessionen eingefordert. Kirchen sind
in Diskussion und Praxis für das Thema der Migration wesentliche Instanzen
und Gesprächspartner, da sie multinational sind, und sie deshalb oft
Einheimische und Migranten gleichermassen umfassen und beheimaten.
Im Dialog mit den Religionen werden überwiegend Fragen gestellt: Unter
welchen Umständen und mit welchen Voraussetzungen kann ein interreligiöser
Dialog statt finden? Wo sind die Bruchstellen, an denen sich Konflikte
entzünden? Was verbindet, was trennt?
Schöpfung
Die Arbeitsgruppe schlägt vor, einen ökumenischen Schöpfungstag in den
liturgischen Kalender zu integrieren. Man plädiert für den 1. September, der
auf eine orthodoxe Initiative zurückgeht. Weiter wird gefordert, dass
Wasser ein öffentliches Gut bleibt und das Recht auf Wasser zu den
Menschenrechten gezählt wird. Zusätzlich sollen sich die Kirchen gerade
angesichts des Klimawandels zu einem ökologisch verantwortbaren Lebensstil
verpflichten.
Die Delegierten betonen, dass die Schweiz sich bereits in internationalen
Gremien zu Fragen erneuerbarer Energie, des Klimaschutzes und der
Nachhaltigkeit engagiert und hier ihre Stimme verstärken soll. Dabei wird
auf die prophetische Stimme der Kirchen in Basel und Graz verwiesen.
Gerechtigkeit und Friede
In ganz Europa driften Arme und Reiche auseinander. Auch in der Schweiz
wächst die Armut. Die Stärke einer Nation misst sich aber am Umgang mit den
Schwachen. Die prophetische Stimme der Kirchen muss sich hier Gehör
verschaffen, auch in den Medien.
Neu ist, dass dieses Thema zu einer europaweiten Frage wird. Die Kirchen in
der Schweiz haben darum die Verpflichtung ganz Europa gegenüber, mutig zur
Überwindung von Armut ein zu stehen. Dazu ist das Land in einer besonderen
Lage: Obwohl in der Schweiz viele multinationale Gesellschaften mit
entsprechendem Profit angesiedelt sind, wird diesbezüglich kaum
Gerechtigkeit eingefordert. Wenn wir in Sibiu Verbündete finden, haben wir
eine markante Legitimation dazu.
Damit Sibiu weiter geht
Damit die Beschlüsse in der Schweiz umgesetzt werden können, wird am 24.
November in Zürich das Nachfolgetreffen von Sibiu statt finden. Dabei sollen
die vielen Anregungen für die Kirchen fruchtbar gemacht werden. Auch in der
Arbeit der AGCK!
Christiane Faschon, Generalsekretärin
Das vollständige Papier finden Sie teils in Deutsch, teils in Französisch
unter
http://www.agck.ch/ressourcen/download/20070831094921.pdf zu finden