Bioethikkommission der Schweizer Bischofskonferenz
Stellungnahme zur
Eidgenössischen Volksabstimmung vom 7. März 2010:
VERFASSUNGSARTIKEL
ÜBER DIE FORSCHUNG AM MENSCHEN
Die Bioethikkommission der Schweizer Bischofskonferenz sagt Ja zum
Verfassungsartikel, mahnt aber, bei der Ausarbeitung des zukünftigen
Gesetzes wachsam zu sein
Der dem Stimmvolk unterbreitete Verfassungsartikel für die Volksabstimmung
vom 7. März 2010 strebt folgende drei Ziele an:
1° Schutz der Würde und der Persönlichkeit des Menschen in der medizinischen
Forschung unter Berücksichtigung der Forschungsfreiheit und der Bedeutung
der Forschung für Gesundheit und Gesellschaft;
2° Förderung der Qualität und der Transparenz dieser Forschung;
3° Schaffung einer Grundlage, die ermöglicht, die Forschung am Menschen in
der Schweiz einheitlich zu regeln.
Die Bioethikkommission der Schweizer Bischofskonferenz stimmt dem
Verfassungsartikel zu, insoweit das Prinzip der Menschenwürde als Grundrecht
uneingeschränkten Schutz geniesst und dieses der Forschungsfreiheit, dem es
die richtige Orientierung gibt, vorgeordnet ist.
Insbesondere ist die Freiheit der Forschungssubjekte garantiert; lehnt
jemand die Forschung ab, ist das in jedem Fall zwingend. Ausserdem wird das
Subsidiaritätsprinzip respektiert. Auch das Prinzip der Verhältnismässigkeit
zwischen ausgeführter Forschung und möglichen Risiken ist beachtet.
Man kann bedauern, dass das Prinzip der Forschung mit urteilsunfähigen
Personen in der Verfassung verankert wird. Allerdings beruhigt die klare
Botschaft des Bundesrates: In Frage kommen Forschungshandlungen mit
minimalen Risiken wie das Sammeln von Daten im Rahmen von Gesprächen und
Beobachtungen oder Speichel- und Urinuntersuchungen. Es ist darauf zu
achten, dass das Gesetz diese Anforderung vollumfänglich einhält.
Die Bioethikkommission der SBK bittet deswegen das Parlament, das Gesetz
über die Forschung am Menschen nur dann anzunehmen, wenn die Leitlinien von
Art. 118b strikte eingehalten werden.
- Es gilt, jede utilitaristische Ideologie zurückzuweisen, welche
nur das Eigeninteresse, nicht aber das objektive Wohl der menschlichen
Person und ihrer Würde verfolgt.
- Es gilt, jeden Utilitarismus zu verhindern, welcher nur Nutzen
und Risiken bedenkt.
- Es gilt, den Leitsatz umzusetzen: «Die Würde gebietet einen
respektvollen Umgang mit ungeborenem Leben und mit verstorbenen Personen»
(Botschaft, § 2.2.3).
- Es gilt, den Embryonenschutz (in vivo und folglich auch in vitro)
zu gewährleisten.
- Es gilt, dass an urteilsunfähigen Personen ausschliesslich
Forschungen mit minimalen Risiken vorgenommen werden dürfen (Beispiel:
Entnahme von Proben).
Daher befürwortet die Bioethikkommission der Schweizer Bischofskonferenz den
Verfassungsartikel 118b, welcher am 7. März 2010 zur Abstimmung vorgelegt
wird. Der Artikel berücksichtigt das Prinzip der Menschenwürde, dem die
Forschungsfreiheit untergeordnet bleibt. Er bildet die Verfassungsgrundlage,
um die medizinische Forschung in der Schweiz einheitlich zu regeln und
fördert die Qualität und Transparenz dieser Forschung.
Freiburg i. Ü., 10. Februar 2010 Dr. Urs Kayser,
Präsident
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