[cid:image006.png@01D3288D.3AB24DE0]
Schweizer Bischofskonferenz (SBK) – Bereich Marketing & Kommunikation
Conférence des évêques suisses (CES) – Secteur marketing et communication
Conferenza dei vescovi svizzeri (CVS) – Settore marketing e comunicazione
Alpengasse 6, PF 278, 1701 Freiburg i.Ü., I :
http://www.bischoefe.ch<http://www.sbk-ces-cvs.ch>
T :+41 26 510 15 15, M :
info@conferencedeseveques.ch<mailto:info@conferencedeseveques.ch>
Ne pas répondre à cet e-mail, svp ! Bitte dieses E-Mail nicht beantworten! Pf, non
rispondere a questa e-mail !
Pour plus d'informations, für weitere Informationen, per ulteriori informazioni :
secretariat@conferencedeseveques.ch<mailto:secretariat@conferencedeseveques.ch>
________________________________
Medienmitteilung
Kommentar zu «Querida Amazonia» - Nachsynodales Apostolisches Schreiben von Papst
Franziskus
Typisch Franziskus: Er verfasst das nachsynodale apostolische Schreiben in einer
erfrischenden, flüssigen Sprache, die man gerne liest und gut versteht. Typisch
Franziskus: Er erlässt keine neuen Vorschriften und zwingt den Menschen in Amazonien kein
bestimmtes Handeln auf. Vielmehr anerkennt er, dass sie über ihre Probleme und
Herausforderungen vor Ort besser Bescheid wissen als er und daher auch besser wissen, wie
es unter der Perspektive einer ganzheitlichen Umkehr konkret zu handeln gilt. Typisch
Franziskus: Er verbindet die ökologische mit der sozialen und kulturellen Frage und
ermuntert die Kirche zu lokalen Handlungsoptionen, denn «alles, was die Kirche anzubieten
hat, muss an jedem Ort der Welt auf eigene Art Fleisch und Blut annehmen» (Nr. 6).
«Querida Amazonia», «Geliebtes Amazonien»: Was für ein Titel! Das Dokument ist gleichsam
eine Liebeserklärung an die Lunge der Erde mit ihrer Vielfalt an natürlicher Schönheit und
kulturellem Reichtum. Und deshalb ist es gleichzeitig ein Ausdruck der Sorge um die
Zerstörung, die dort im Gang ist, um die soziale und ökologische Katastrophen, die sich
anbahnen und die ganze Welt betreffen. Deshalb richtet sich der Text nicht nur an das Volk
Gottes, sondern an alle Menschen guten Willens. Amazonien betrifft uns alle!
Umkehr und «buen vivir», «gutes Leben»: Das sind die beiden Leitworte des
Schlussdokuments. Der Papst bestätigt sie in seiner apostolischen Exhortation. Er gibt
ihnen aber eine neue Wendung. Er spricht von Visionen. Die vierfache Umkehr wird zu einer
sozialen, kulturellen, ökologischen und kirchlichen Vision. «Ich träume von einem
Amazonien», schreibt der Papst in Nr. 7, «das für die Rechte der Ärmsten […] kämpft», «das
seinen charakteristischen kulturellen Reichtum bewahrt», «das die überwältigende Schönheit
der Natur, die sein Schmuck ist, eifersüchtig hütet». Und er träumt von «christlichen
Gemeinschaften, die […] der Kirche neue Gesichter mit amazonischen Zügen schenken».
Visionen eröffnen einen Blick in die Zukunft. Dieser Blick geht von der Lebenswirklichkeit
hier und jetzt aus und zeichnet sich zugleich wesentlich durch eine Offenheit aus. Eine
Vision hat den Anspruch, gegenwärtige Denk- und Beurteilungsmuster aufzusprengen, den
Status quo neu zu denken. Visionen weisen über das Ich und dessen Grenzen im Denkvermögen
hinaus. Sie stossen eine innere Dynamik an, die befähigt, den notwendigen Wandel
zuversichtlich anzugehen und trotz aller Hürden die Strapazen auf sich zu nehmen,
hoffnungsvoll voranzuschreiten. Visionen sind ebenso Ermunterung wie Herausforderung und
können Angst machen und verunsichern, eben gerade darum, weil sie gängige Denkkategorien
sprengen und Altvertrautes aufbrechen.
Die Kapitel zur sozialen, kulturellen und ökologischen Vision entwickeln den Traum von
einer gerechten, sensiblen, nachhaltigen Welt, nicht nur im Amazonasgebiet. Die von der
Kultur der indigenen Völker Amazoniens inspirierte Vision, dass Menschen im Einklang mit
Gottes Schöpfung, in Respekt voreinander und Verantwortung füreinander wahrhaftes «buen
vivir», «gutes Leben» erfahren und entfalten können, weist über Amazonien hinaus. Papst
Franziskus appelliert an alle Menschen guten Willens und an die Kirche, die Klage der
Armen und die Klage der Erde zu hören (Nr. 8), «den Schrei der Völker Amazoniens» zu hören
(Nr. 19).
«Man muss sich empören» (Nr. 15). Gegenstand der Empörung ist die verkehrte Sicht auf
Amazonien als Land ohne Leute und Kultur, dessen Reichtum und Rohstoffe man nach Gutdünken
ausbeuten kann. Dabei verletzen die Ausbeuter, nicht selten auch internationale Konzerne,
die Würde der dort ansässigen Menschen und Völker. Ausbeuterische Wirtschaftsbeziehungen
verschmutzen die Luft, zerstören Wälder, Flüsse, Flora, Fauna, indigene Völker,
Gemeinschaften und Kulturen, beschädigen die Institutionen, fördern dadurch Gewalt,
Instabilität, Elend und Leid und werden so «zu einem Instrument, das tötet» (Nr. 14).
Diese Arten von postmoderner Kolonialisierung sind und befördern, so die äusserst harten
Worte, «Ungerechtigkeit und Verbrechen» (Nr. 14). Hier hat die Kirche ihre «prophetische
Stimme» (Nr. 27) zu erheben und den Dialog auf allen Ebenen zu fördern. Das fordert auch
uns, weil wir uns fragen müssen, ob die Art unseres Wirtschaftens mit dem Amazonas die
Freiheit der dortigen Menschen und Gemeinschaften respektiert und fördert oder vielleicht
doch eher mindert und die Lebensgrundlagen zerstört.
Tragen wir zur Zerstörung des Amazonas bei, schneiden wir uns auch ins eigene Fleisch.
Denn «das Gleichgewicht des Planeten hängt auch von der Gesundheit Amazoniens ab» (Nr.
48). Das gilt nicht nur für die Natur, sondern auch für die soziale Frage. Beides gehört
aufs engste zusammen (Nr. 8). Deshalb gilt es, dass wir einen Lebensstil einüben, «der
weniger unersättlich ist, ruhiger, respektvoller, weniger ängstlich besorgt und
brüderlicher» (Nr. 58). Entscheidend ist dabei das Entwickeln einer neuen Haltung.
Für die Kirche ist der Glaube an Jesus Christus sowie das Weiterschenken seiner Liebe das
tragende Fundament für jedes soziale und ökologische Engagement (Nr. 63f.). Die Liebe Jesu
Christi ergiesst sich über alle Menschen, in allen Kulturen. Die Kirche hat sich seit
ihren Anfängen immer wieder inkulturiert, bis heute. Das Christentum «verfügt nicht über
ein einziges kulturelles Modell» (Nr. 69). Papst Franziskus ermutigt damit nicht nur die
Menschen in Amazonien, sondern uns alle, Kirche dynamisch und offen zu denken.
Der Papst denkt dabei anders als wir es uns gewohnt sind. Er denkt nicht von den Ämtern
her. Sein Ausgangspunkt ist vielmehr das Volk Gottes. Von daher entwickelt er die Vision
einer inkulturierten Kirche, die «das Soziale besser mit dem Geistlichen verbinden» kann
(Nr. 76). Dazu bedarf es auch inkulturierter Ämter und Dienste. Zu diesen gehören aufgrund
des Mangels an Priestern, wie bei uns, «Laien-Gemeindeleiter» (Nr. 94). Überhaupt will der
Papst der Kirche ein Gesicht geben, das nicht klerikal geprägt ist, sondern «von Laien
geprägt ist»: «Die Inkulturation muss sich auch auf konkret erfahrbare Weise in den
kirchlichen Organisationsformen und in den kirchlichen Ämtern entwickeln und
widerspiegeln. Wenn Spiritualität inkulturiert wird, wenn Heiligkeit inkulturiert wird,
wenn das Evangelium selbst inkulturiert wird, können wir nicht umhin, auch hinsichtlich
der Art und Weise, wie kirchliche Dienste strukturiert und gelebt werden, an Inkulturation
zu denken» (Nr. 85).
Die Weihe von verheirateten Männern zu Priestern und die Weihe von Diakoninnen greift
Franziskus nicht auf. Das hat manche, vorab in unseren Breitengraden, enttäuscht, umso
mehr, als diese auch für uns wichtigen Fragen das Schlussdokument der Synode offen
diskutiert und thematisiert hat. Ich kenne den Grund für das Schweigen des Papstes nicht,
kann mir aber vorstellen, dass er das Wesen der Weihe von der Machtfrage entkoppeln will.
Das ist für mich positiv, fordert aber eine tiefergehende Reflexion vorab über den
Priester. Dazu bleibt die Tür offen, denn die Tür, welche das Schlussdokument der Synode
aufgetan hat, schliesst der Papst nicht. Dagegen ist das sehr traditionelle Frauenbild,
welches transportiert wird, befremdend. Zumindest für unseren Kulturkreis ist es nicht
«inkulturiert». Deshalb besteht hier Handlungsbedarf. Die Kirche in der Schweiz braucht
ein inkulturiertes Bild von Frauen (und Männern). Das ist ein Gebot der Erkenntnis der
Zeichen der Zeit.
Bei der Ämterfrage bereitet der Papst zwar den Boden für weitere mutige Schritte. Er ruft
zu mehr Mut und lokaler Mitgestaltung auf, bleibt aber in der Klärung hinter dem frischen
Geist, hinter seinem eigenen visionären Anspruch zurück. Er lobt den ausgerollten Teppich
des Schlussdokuments, läuft aber selber nicht darüber. Die Spannung bleibt, die Tür für
Neues auch hier steht weiterhin offen. Denn der Papst redet von einer Vision, einem Traum:
Traum und Vision sind nicht das Ende, sondern der Anfang eines Prozesses, dessen Resultate
nicht zum vornherein feststehen.
Stellen wir uns dieser Spannung! Sie betrifft unseren nachhaltigen Lebensstil, unser
Wirtschaften, unser Kirchesein.
+Felix Gmür
Präsident der Schweizer Bischofskonferenz
Freiburg, 14. Februar 2020
Link zur Mediencommuniqué <http://www.bischoefe.ch/content/view/full/14046>
---------------------------------
Encarnación Berger-Lobato
Leiterin Marketing und Kommunikation
[cid:image001.jpg@01D487E0.28CE9BC0]
Alpengasse 6, PF 278, 1701 Freiburg i.Ü,, +41 26 510 15 15, • +41 26 510 15 28, Mobil +41
79 552 04 40,
www.bischoefe.ch<http://www.bischoefe.ch>