Pressecommunique

 

Volksabstimmung vom 1. Juni 2008

 

Nein zur SVP-Einbürgerungsinitiative

 

(Bern, Luzern, 6. Mai 2008 ) Die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind aufgerufen, am 1. Juni zur SVP-Initiative „für demokratische Einbürgerungen“ Stellung zu beziehen. Caritas, Justitia et Pax und Migratio empfehlen ein klares Nein zu dieser Initiative – so wie dies auch der Bundesrat und das Parlament getan haben.

 

„Demokratische Einbürgerungen“?

Die Initiative der SVP fordert, dass die Gemeinden Einbürgerungsentscheide an der Urne durchführen können. Ausserdem soll ein erfolgter Einbürgerungsentscheid endgültig sein; er kann also nicht durch eine weitere Instanz überprüft werden. Insgesamt möchte die Initiative die frühere Rechtslage wiederherstellen. Diese war im 2003 durch zwei Bundesgerichtsentscheide für verfassungswidrig erklärt worden, weil sie gegen das Prinzip der Nichtdiskriminierung und des Schutzes gegen Willkür verstossen hatte.

 

Nein zu Diskriminierung und Willkür

Die Verweigerung des Bürgerrechts aufgrund von Kriterien der nationalen Herkunft verstossen gegen grundlegende Rechtsprinzipien. Diese Prinzipien sind, sowohl in der Verfassung als auch in internationalen Abkommen festgelegt, die von der Schweiz ratifiziert wurden. Solche Rechtsprinzipien sind die Gleichheit vor dem Gesetz, das Diskriminierungsverbot, der Schutz vor Willkür und der Schutz der Privatsphäre.

 

Die Erfahrung zeigt, dass es bei Einbürgerungsentscheiden an der Urne zu diskriminierenden, gar rassistisch motivierten Ablehnungen der Gesuche kommen kann. Diese treffen insbesondere Menschen aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens sowie Musliminnen und Muslime.

 

Mit dieser Initiative will die SVP  den Gemeinden die Kompetenz erteilen, das Einbürgerungsverfahren autonom zu regeln, so dass die Erteilung des Bürgerrechts aufgrund weitgehend unterschiedlicher Kriterien erfolgen kann. Damit ist das Risiko der Willkür sehr hoch. Einzig eine minimale einheitlich geregelte Gesetzgebung und Praxis bieten die Gewähr, dass die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nicht-Diskriminierung und der Respekt vor der Privatsphäre gewahrt bleiben.

 

Ja zur Integration

Die Schweiz ist ein Migrationsland. Das sollte sich auch in der Gesetzgebung zum Bürgerrecht widerspiegeln. Die politische Integration ist ein wesentlicher Aspekt der Integration der Migrationsbevölkerung. Deshalb sind grundsätzlich Erleichterungen und nicht Verschärfungen des Einbürgerungsverfahrens anzustreben.

Demokratie in der Schweiz

In unserer Demokratie ist  das Volk der Souverän. Die Rechte und Kompetenzen des Volkes müssen sich jedoch innerhalb eines Rahmens bewegen, der durch die Menschenrechte, die Verfassung und das Gesetz gegeben ist. Der Grundsatz der Gewaltenteilung gilt somit auch für das Volk. Die Organe des Staates, seien sie nun legislativ oder exekutiv, die mit den Einbürgerungen beauftragt sind, wurden letztlich vom Volk gewählt. Es ist daher unzulässig zu unterstellen, ihre Entscheide seien nicht demokratisch. Gerade deswegen wurde ja das Bundesgericht geschaffen, um eine rechtsstaatliche Rahmenordnung auf der Basis der Verfassung garantieren zu können

 

Schliesslich sind die demokratischen Institutionen nur möglich, weil sie selbst auf fundamentalen Rechten beruhen, die nicht im Rahmen  von Volksabstimmungen geändert werden können. Im Gegensatz zu dem, was die SVP fordert, ist es nicht möglich, dass die direkte Demokratie dem Bürger auch die Kompetenz verleiht, selber über die Respektierung der Menschenrechte zu wachen.

 

Ja zum Gegenvorschlag

Das Parlament hat im Jahre 2007 die Revision des Einbürgerungsrechts als indirekten Gegenvorschlag zur SVP-Initiative verabschiedet. Der Gesetzestext garantiert die Volksrechte und respektiert gleichzeitig die Verfassungsgrundsätze. So sieht das Gesetz vor, dass die Kantone das Einbürgerungsverfahren auf Kantons- und Gemeindeebene weitgehend selbst regeln. Es ermöglicht, ein Einbürgerungsgesuch bei einer Gemeindeversammlung zu behandeln. Die Begründungspflicht für abgelehnte Gesuche und der Schutz der Privatsphäre  der Einbürgerungswilligen sind dabei berücksichtig.

 

Im Falle einer Ablehnung der SVP-Initiative tritt der Gesetzestext in Kraft. Obwohl er das Risiko der Willkür nicht vollständig ausschliessen kann, bildet der Entwurf eine annehmbare Alternative zur Initiative.

 

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